Dieser Fachartikel wurde für die HGV News des Gewerbevereins Bremgarten geschrieben.

 

Früher war das Motivieren viel einfacher. Zuckerbrot und Peitsche hiess das Zauberwort. In der modernen Zeit mit seinem Wertewandel versucht man die Mitarbeiter mit Anreizsystemen und ausgeklügelten Motivationstechniken zu höheren Leistungen zu bewegen. Alles Motivieren ist Demotivieren sagt Reinhard Sprenger, ein bekannter Managementdenker aus Deutschland, und meint wesentlich effektiver erweise sich stattdessen das Vertrauen in die Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter.

 

Was ist Motivation?

In der Sozialpsychologie unterscheidet man zwischen den äusseren Anreizen (Belohnung, Strafe) und den inneren Anreizen (Überzeugung, Freude an der Arbeit, Sinn, Anerkennung, usw.). Der Eine macht etwas, weil er dafür in der einen oder anderen Form belohnt wird. Der Andere unternimmt vieles einfach aus sich heraus ohne sichtbaren Zwang von aussen. Die Motivationsgründe sind so verschieden wie die Menschen. Diese Erkenntnisse wurden in vielen unterschiedlichen Theorien und Modellen mit unterschiedlichen Massnahmen beschrieben.

 

Die Vorteile der äusseren Anreize

In der Arbeitswelt hat man sich vor allem auf die äusseren Anreize konzentriert. Mit leistungsvariablen Lohn, Prämien, Boni, Incentive-Programmen oder Leistungslohn versucht man eine grössere Leistungsbereitschaft zu erzielen. In der Herstellung werden die Mitarbeiter mit Prämien belohnt, wenn sie das Soll an Stückzahlen übertreffen. Im Verkauf belohnt man die Aussendienstmitarbeiter, wenn sie den vereinbarten Umsatz übertreffen oder ihr Gehalt ist an ihren generierten Umsatz gekoppelt. In der Führungsebene erhalten Manager einen Bonus, wenn der Geschäftserfolg grösser als geplant ist. Der Vorteil dieser Anreize liegt darin, dass diese an klar messbare Zielvorgaben gekoppelt sind.

Die Erfolge verstärkten den Trend in der Geschäftswelt die variablen Leistungslöhne auf allen Stufen einzuführen. Einerseits, weil man sich erhofft, die Leistungsbereitschaft der ganzen Firma zu erhöhen und auch aus Fairnessgründen gegenüber den schon Beteiligten.

 

Die Grenzen äusserer Anreize

Bei allen diesen Anreizen stellte man fest, dass nach einer gewissen Zeit die Gefahr besteht, dass der Mitarbeiter den Antrieb verliert, sich vermehrt anzustrengen oder die Anreize werden als selbstverständlich angeschaut. Mögliche Ursachen, die zu einem Rückgang der Leistungsbereitschaft führen:

  • Monotone Tätigkeiten: Bei einfachen, sich wiederholenden Tätigkeiten sinkt der Sinn für die Arbeit. Tipp: Eine Jobrotation oder die Aufwertung der Arbeit durch zusätzliche Tätigkeiten.
  • Verdrängungseffekt: Ein Bonussystem kann bewirken, dass das eigentliche Ziel z. B. Erhöhung der Kundenzufriedenheit bei den Mitarbeitern verloren geht und nur noch der Bonus zählt.
  • Fixierung auf Belohnung: Wenn nur ein Teil der Tätigkeit leistungsentlöhnt wird, ist die Gefahr gross, dass sich der Mitarbeiter nur auf die bezahlten Aufgaben konzentriert und die unbezahlten vernachlässigt. Tipp: Alle relevanten Tätigkeiten miteinbeziehen.
  • Verletzung von Fairnessvorstellungen: Bei Zielen, die nicht messbar sind, besteht die Gefahr, dass diese nicht objektiv beurteilt werden. Der Mitarbeiter fühlt sich nicht recht gerecht behandelt und verweigert innerlich die Leistungsbereitschaft. Ziele die nicht erreichbar sind, z. B. Umsatzziel zu hoch, demotivieren den Verkäufer und der Umsatz sinkt.
  • Nicht messbare Tätigkeiten: Bei Tätigkeiten, die neues Know-how, Kreativität oder Innovation erfordern, bewirken Geldanreize oder Druck eine Abwehrhaltung und blockieren die Erfindungsgabe.
  • Variabel wird zum fixen Lohnbestandteil (Gewohnheitsrecht): Gratifikation und 13. Monatslohn werden inzwischen als fixer Bestandteil des Lohnes angesehen oder Boni werden zur Selbstverständlichkeit und sind nicht mehr an Erfolge gekoppelt.

 

Die inneren Anreize können mehr

Nur motivierte Mitarbeiter sind zufrieden und haben eine grössere Leistungsbereitschaft. Aber was motiviert sie? Ist es nur der Mehrverdienst oder doch auch der sichere Arbeitsplatz, das soziale Ansehen, die Wertschätzung oder die Freude der Arbeit?

Jeder Mensch hat eine Eigenmotivation für seine Tätigkeiten. Deshalb sind für ihn neben der Leistungsbelohnung auch die inneren Anreize für die Leistungsbereitschaft massgebend.

Wenn der Mitarbeiter nicht selber überzeugt ist, dass die von ihm erbrachte Leistung zu seinen inneren Werten passt, so wird seine Leistungsbereitschaft trotz monetärer Belohnung nicht grösser werden. Als Betrieb kann man ein Umfeld schaffen, wo sich die Mitarbeiter wohl fühlen und die Vorgesetzten können durch ihr Verhalten die Leistungsbereitschaft (Eigenmotivation) der Mitarbeiter nachhaltig fördern.

 

Innere Motivation steigern durch Führung

Jeder Vorgesetzte muss in seinem Verantwortungsbereich ein Umfeld schaffen, wo sich seine Mitarbeiter wohl fühlen. Das hat aber nichts mit einem Kuschelführungsstyl zu tun. Im Gegenteil ein gewisses Mass an Druck, gekoppelt mit verständlichen, fairen Aufgabenstellungen werden von den meisten Mitarbeitern gewünscht. Hier einige Punkte, die die innere Motivation Ihrer Mitarbeiter unterstützen können:

 

Das Umfeld

Ein moderner Arbeitsplatz, die geeigneten Arbeitsmittel, klare Strukturen, offene Kommunikation, Freiraum und Verantwortung für die Erledigung der Aufgaben schaffen ein positives Umfeld und steigern die Leistungsbereitschaft.

 

Klare Anweisungen

Wissen Ihre Mitarbeiter, wirklich immer, warum sie etwas tun sollen? Was soll das genaue Resultat ihrer Arbeit sein?

 

Gemeinsam realistische Ziele vereinbaren

Setzen Sie die Ziele fest oder lassen Sie Ihre Mitarbeiter an der Zielsetzung mitreden? Je höher die Mitentscheidungsmöglichkeiten bei der Festsetzung der Ziele sind, desto mehr engagieren sich die Mitarbeiter für gemeinsam getroffene Ziele und machen sie zu ihren eigenen.

Setzen Sie unrealistische Ziele um die Mitarbeiter zu „motivieren“ sich mehr einzusetzen? Unrealistisch Ziele schaffen bei den Mitarbeitern eine Abwehrreaktion. Die Leistungsbereitschaft sinkt, da die Ziele ja doch nicht erreichbar sind. Bei Projekten erhöht die Beteiligung der Mitarbeiter am Planungsprozess nicht nur ihre Leistungsbereitschaft, sondern bürgt für weniger Widerstände im Umsetzungsprozess.

 

Delegieren Sie richtig

Delegieren heisst Aufgaben und Verantwortung weiterzugeben. Muss der Mitarbeiter nur Aufgaben erledigen oder bekommt er dafür auch die Verantwortung? Wer für etwas verantwortlich ist, wird sich eher mit der Aufgabe identifizieren und sich dafür einsetzen.

 

Fördern Sie Ihre Mitarbeiter

Bei vielen Mitarbeitern schlummert ein ungenutztes Potenzial. Wenn Sie als Vorgesetzter annehmen, das kann er ja sowieso nicht, so wird der Mitarbeiter dies auch nicht können. Geben Sie dem Mitarbeiter die Chance sich weiter zu entwickeln. Geben Sie ihm neue Aufgaben. Wenn er es nicht von Anfang kann, überprüfen Sie, was er dazu benötigt. Manchmal sind es nur kleine die Dinge, die die erfolgreiche Ausführung einer Aufgabe verhindern. Sie schenken dem Mitarbeiter Vertrauen, steigern somit sein Selbstwertgefühl und er wird sich dafür einsetzen.

 

Fehler sind Chancen

Überprüfen Sie selbstkritisch, ob der Mitarbeiter überhaupt eine Chance hatte, die Aufgabe in Ihrem Sinne bzw. im Sinn der Vorgabe zu erfüllen.

 

Kommunikation ist keine Einbahnstrasse

Der Vorgesetzte sagt: „Ich kenne die Zufriedenheit meiner Leute. Täglich gehe ich durch den Betrieb.“ Wenn er aber nur fragt: „Wie geht’s?“ so lautet die Antwort meistens „gut!“. Wer wirklich ein Feedback haben will, muss auf seine Angestellten eingehen und sich mehr Zeit für Gespräche nehmen. Zuhören ist angesagt, aufnehmen wo drückt der Schuh. Wer offen ist, erhält wertvolle Hinweise und Verbesserungsvorschläge.

Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über den Geschäftsgang und erklären Sie Ihnen, wieso gewisse Tätigkeiten ausgeführt werden müssen. Das fördert das Verständnis und die Akzeptanz.

 

Anerkennung der Leistung

Ein Lob, ein kleines Dankeschön für den Einsatz bewirkt Wunder. Manchmal mehr als eine Prämie. Sie zeigen Ihren Mitarbeitern Ihre Wertschätzung und steigern damit das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter. Ausserdem stärken Sie mit einem wertschätzenden Verhalten das kooperative Verhalten in Teams oder in Abteilungen.

Natürlich gibt es auch Mitarbeiter, die nur an Arbeit gegen Geld interessiert sind. Da müssen Sie sich überlegen, ob es sich für den Betrieb lohnt, solche Mitarbeiter zu beschäftigen. Variable Lohnanreize können bei gewissen Berufsgattungen durchaus Sinn machen. Am meisten Erfolgschance hat ein Mix von äusseren und inneren Anreizen um die Motivation (Leistungsbereitschaft) der einzelnen Mitarbeiter nachhaltig zu steigern. Kleinbetriebe werden bei der Steigerung der Leistungsbereitschaft mehr Erfolg haben, wenn sie die inneren Anreize stärker pflegen.

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Quellen:

Bruno S. Frey, Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Universität Zürich

Reinhard Sprenger, Doktor der Philosophie, Trainer und Berater für Personalentwicklung